Texte zur Produktion
Grenzen markieren die Schnittstelle zwischen verschiedenen Gebieten, Wahrnehmungen, Körpern. Wie und durch wen wird dieser Unterschied definiert, der die Grenze begründen soll? In dieser Wandelbarkeit sind es Orte der Konfrontation, der Gratwanderung, Momente der Reflexion. In den Ecken entlang der Grenzlinien sammelt sich das Unerwünschte, das Verborgene und Verdrängte. Vergangenes und Gegenwärtiges verschwimmen, lagern sich in (Ge)Schichten ab, zersetzen, brechen aus.
»Borders & Corners« nimmt sich dieser Orte an, findet sie auf globalen Landkarten, auf den Straßen Berlins, zwischen Menschen und in sich selbst. In einer Assemblage aus Improvisation, Live-Music und Live-Video-Art wird das Aushandeln von Grenzen zu einem konstanten Balanceakt: Intersektionale Rand-Geschichten rücken in ein imaginäres Zentrum, Perspektiven und Erinnerungen treffen aufeinander, ergänzen und widersprechen sich. Sie hallen zwischen den Mauern des Theaters, stellen das Drinnen und Draußen in Frage, die Grenze zwischen Performance und Realität.
Die Performance hat den Charakter einer Installation, welcher dem Publikum die Wahl lässt, ob es das Geschehen im Sitzen verfolgt oder sich frei im Raum bewegt. Alle sind eingeladen, an den Rändern oder in der Mitte, die Grenzen, Ecken und verschiedenen Perspektiven in »Borders & Corners« selbst zu erkunden.
Was sind unsere Borders and Corners? Welche Geschichten lagern sich in unseren Ecken ab? An welche Grenzen stoßen sie und was konfrontieren sie? Ein Balanceakt zwischen Drinnen und Draußen – verschwimmende Grenzen zwischen Performance und Realität.
Grupo Oito ist eine freie Tanzkompanie, die seit über 12 Jahren in Berlin aktiv ist. Grundlage für die Zusammenarbeit ist der von dem aus Brasilien stammenden Choreographen Ricardo de Paula entwickelte »Get Physical Process«. Die Arbeiten wurden bisher in Deutschland, Türkei, Frankreich und Kenia gezeigt. In ihren Tanzstücken setzt sich die Gruppe auf der Bewegungsebene mit gesellschaftlichen Missstände und politischen Fragen auseinander und untersucht, wie sich diese in persönlichen Lebenswelten niederschlagen bzw. transformieren lassen. Widerstand (Künstlerisch, politisch und physisch) ist ein Schlüsselbegriff aller Arbeit.
grupooito.com
»Borders & Corners« ist eine Momentaufnahme und ein Resultat unseres künstlerischen Prozesses in der Auseinandersetzung mit dem Thema Grenzen und ein Sammelsurium von Geschichten und Erfahrungen, dass wir seit der Premiere und intensiven Recherchephase auf den Straßen von Berlin mit dem Stück »(K)no/w-go-zones!« (2018) gesammelt haben.
Ricardo de Paula: Er begann 1987 seine Tanzlaufbahn im Harmonia Studio de Danças, Belo Horizonte. Als professioneller Tänzer hat er seit 1989 in Compagnien wie Grupo Corpo mit Rodrigo Pederneiras (Brasilien), Zikzira Physical Theater (Brasilien) und am Staatstheater Kassel getanzt. Seit er in Berlin lebt, kamen Engagements bei den Choreograf*innen Sasha Waltz, Christoph Winkler, Constanza Macras, Sommer Ulrickson, Ahn Eun Me und Felix Ruckert hinzu. Seit 2005 entwickelt er Solostücke (z. B. Shoot First, Ballhaus Naunynstraße, 2013, Out of Many, One für die Veranstaltung Manifestos for Queer Futures am HAU 2019 ) und seit 2006 eigene Produktionen mit dem von ihm gegründeten Ensemble Grupo Oito. Aktuell arbeitet er an der Choreografie Black memories on white bones für das Festival FACTS der Universität Bordeaux. Zum charakteristischen Moment seiner Arbeiten gehört der von ihm entwickelte Get Physical Process. 2012 erhielt er das Tanzstipendium der Berliner Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten.
Caroline Alves ist Tänzerin, Lehrerin und Choreographin mit Sitz in Berlin. Mit mehr als 20 Jahren Bewegungserfahrung, und 13 Jahren Bühnenerfahrung als zeitgenössische Tänzerin. Sie war sieben Jahre lang Tänzerin bei der brasilianischen Staatskompanie Cia. de Dança Palácio das Artes und arbeitete mit den wichtigsten brasilianischen Choreographen zusammen. Sie schloss ihr Psychologie-Studium in 2012 (PUC-Minas) ab und entwickelte eine Forschung zum Thema „kreativer Prozess im Tanz“. In den letzten Jahren leitete sie Workshops und trat in Brasilien, Deutschland, Kroatien und China auf. Seit 2016 arbeitet sie mit Natalie Riedelsheimer zusammen an einem Projekt „A Machine to Become-Woman“. 2019 erhielten sie dafür eine Förderung vom Quartiersmanagement Badstraße und die Initialförderung vom Fonds darstellender Künste. 2018 und 2019 war sie als Choreographin und Tänzerin im Rahmen des Projekts „Bohème 2020“ der Dresdner Musikfestspiele tätig. Seit 2013 ist sie als Tänzerin und Regieassistentin Mitglied der Grupo Oito.
Laura Alonso ist Tänzerin, Choreografin,Tanzpädagogin. 2006 beendete sie ihre Ausbildung in Sportunterricht in A Coruña und schloss 2009 ihre Ausbildung in zeitgenössischem Tanz an der „Escuela Carmen Senra“ in Madrid ab. In diesen Jahren beginnt sie ihre Arbeit als Tanzpädagogin, Pilatestrainerin und Tänzerin zu entwickeln. Seit 2009 ist sie Mitglied des Tanzkollektivs Grupo Oito. Zur gleichen Zeit arbeitet sie unter der Leitung von Choreograph*innen wie Kelvin O’Hardy, Alba Lorca, Regina Rossi und Modjgan Hashemian. Außerdem beginnt sie ihre Suche als Choreografin und entwickelt Soloarbeiten. Seit 2011 ist sie Teil des Lehrerteams an der Schule Die Etage – Schule für darstellende und bildende Künste. Derzeit ist sie Teil der Forschungsgruppe „Inklusives Unterrichten im Tanz“ im Rahmen des Projekts „Making-a-difference“.
Martina Garbelli: Sie begann ihre Tanzausbildung mit Ballett. 2012 schloss sie ihr Tanzstudium in SEAD (Salzburg Experimental Academy of Dance) ab. Anschließend arbeitete sie mit der italienischen Kompanie Zaches Teatro und performte in verschiedenen Tanzprojekten in Deutschland und Europa (DORKY PARK – Constanza Macras as guest, Cie. Willy Dorner u.a.). Seit 2013 wohnt sie in Berlin und ist als Tänzerin und Tanzlehrerin tätig. Seit 2015 ist sie Mitglied von Grupo Oito. Sie arbeitete mit anderen Tanzkünstlerinnen („Liven“, 2015), entwickelt Soloarbeiten („A-letheia“, 2016) und kollaboriert mit der Videokünstlerin Yvon Chabrowsky (u.a. WE HAVE A BODY, 2019). In ihrer künstlerischen Arbeit interessiert sie sich für den Mensch in der Gesellschaft, den Mensch und seine innere Welt und die zwischenmenschlichen Beziehungen.
Natalie Riedelsheimer ist Tänzerin, Lehrerin und Choreografin und lebt derzeit in Berlin. Sie studierte zeitgenössischen Tanz in Berlin und Freiburg. Sie arbeitete als Tänzerin mit verschiedenen KünstlerInnen u.a. Grupo Oito, Felix Ruckert, Be van Vark, Cie 4, Sven Seeger, Ellen Davis in Deutschland, Frankreich, Kenia, Türkei, Kroatien und Dänemark. Seit 2010 arbeitet sie künstlerisch, inhaltlich und organisatorisch mit Grupo Oito. Als Choreografin und Lehrerin ist sie in mehreren Tanzprojekten mit Jugendlichen und Erwachsenen in Europa tätig. Seit 2016 arbeitet sie mit Caroline Alves zusammen an dem Projekt „A Machine to Become-Woman“, 2019 erhielten sie dafür eine Förderung vom Quartiersmanagement Badstraße und die Initialförderung vom Fonds darstellender Künste um sich auf der Bewegungsebene mit der Darstellung des weiblichen Körpers auf der Bühne auseinanderzusetzen.
Miro Wallner trotz seines Studiums der Verwaltung und des Projektmanagements war Miro Wallner schon immer fasziniert von Tanz und Bewegung und sein Interesse wuchs durch das Capoeira, Akrobatik und Yoga. 2013 zog er nach Berlin und beschloss, seine ganze Aufmerksamkeit auf Bewegung zu richten und ist seitdem Mitglied von Grupo Oito. Er hat in verschiedenen Projekten in Deutschland, Kenia und Kroatien performt und unterrichtet. Er arbeitete in mehreren Tanzprojekten mit Caroline Alves und 2015 kreierte er im Rahmen des Projekts „Oito Solos + 1“ das Solo „Treffgegen“. Neben seiner Arbeit als Tänzer unterrichtet er derzeit akrobatische Bewegung und erforscht Strategien und Werkzeuge für kreative Prozesse. Seit 2016 arbeitet er zudem als Filmemacher und Videoeditor.
Kathleen Kunath ist eine Video- und Fotokünstlerin, die ebenfalls seit einigen Jahren eng mit der Grupo Oito zusammenarbeitet. Sie studierte Fotografie an der Folkwang Universität der Künste (Essen) und absolvierte zwei Auslandssemester im Bereich der Bildendenden Kunst an der Universidade de São Paulo, Brasilien. Seit 2009 dokumentiert sie Tanz-und Theateraufführungen.
Zé de Paiva: Er ist Videokünstler, Tänzer und Schauspieler in Berlin. Die Videoinstallation als interaktives Element im Bühnengeschehen bildet derzeit den Schwerpunkt seiner audiovisuellen Arbeit. Nach seiner Ausbildung zum Fotografen nahm er ein Studium der Bildenden Künste an der Universität von São José do Rio Pardo, Brasilien, auf. 2003 wurde er Ensemble-Mitglied des Teatro Oficina unter der Leitung von José Celso Martinez Corrêa. Seit 2009 arbeitet Zé de Paiva als Tänzer und Videokünstler mit der Kompanie „Grupo Oito“, als Videokünstler mit der Choreografin Modjgan Hashemian, dem Regisseur Atif Mohammed Nor Hussein und als Schauspieler und Videokünstler mit der Künstlerin Grada Kilomba. Für das Ballhaus Naunynstraße dokumentiert er regelmäßig Aufführungen.
[Quelle: Abendzettel]
TFB Nr. 1408
Besetzung & Credits
Künstlerische Leitung: Ricardo de Paula
TänzerInnen: Caroline Alves, Laura Alonso, Martina Garbelli, Natalie Riedelsheimer, Ricardo de Paula, Miro Wallner
Live-Musik: Olaf Giesbrecht
Live-Videoschnitt: Kathleen Kunath, Zé de Paiva
Lichtdesign: Domenik Engemann
Dramaturgie: Nora Tormann
Kostüm: Andreina Vieira
Assistenz: Franziska Doffin
Produktionsleitung: MiFrUsh
Bühnentechnik: Jan Römer
Eine Produktion von Grupo Oito.
Gefördert von: Bezirksamt Pankow von Berlin, Senatsverwaltung Berlin für Kultur und Europa, HALLE TANZBÜHNE BERLIN
Partner: Mime Centrum Berlin, Literarisches Colloquium Berlin
Besonderen Dank an: Franziska Doffin, Nora Tormann, Ismar Hacam, Nora Molitor, Nora Haakh, Literarisches Colloquium Berlin, Andreina Vieira, Olaf Giesbrecht, cie. toula limnaios
HALLE TANZBÜHNE BERLIN
cie. toula limnaios / HALLE Tanzbühne Berlin
Eberswalder Straße 10
10437 Berlin
Tickets: +49-30-44044731
ticket@toula.de
Proberaumanfragen / Rehearsal Spaces:
proben@toula.de
Grupo Oito / Trailer und Videodokumentationen
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