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Nach seinen Erkundungen des Raums als Bedingung gesellschaftlicher und zwischen- menschlicher Verhältnisse wendet der österreichische Choreograf Philipp Gehmacher den Blick wieder stärker auf das Bewegungsmaterial. Wie nach einem Schiffbruch gestrandet, sitzt das Publikum quer zu einem Arrangement aus stehenden, liegenden, hängenden Objekten. Vielleicht die Überreste einer nie abgeschlossenen Baustelle? Drei Performer, ihre Gesten und Worte, treten untereinander und mit den Gegenständen, umgeben von Licht und Klang, in eine prekäre Interaktion. Alles ist in Bewegung, strebt nach momenthaft gelingender Übereinkunft – um sich dem stabilen Bedeutungs- rahmen dann doch immer wieder zu entziehen. “in their name” ist Gehmachers erste größere in alleiniger künstlerischer Verantwortung entstandene Theaterarbeit seit 2007.
“Heute habe ich sicherlich den Anspruch, Ansätze aus der bildenden Kunst und aus dem Theater zu verbinden, vielleicht aber eher im Sinne der Präsentation, des Formats. (…) Ich versuche mich immer mehr der sequenziellen Logik einer Erzählung zu entziehen, das Stück wird zum Objekt. Und doch gibt es mehr “lesbaren” Inhalt. In “in their name” ist es jedoch schon fast eigenartig, wie ich die einzelnen Teile zusammenwebe, die im ersten Moment vielleicht gar nicht “dramaturgisch im Sinne des Theaters” zusammenzupassen scheinen. Ich habe mir viel Freiheit gegeben und versucht, so intuitiv wie möglich an Szenen heranzukommen. Ich brauche allerdings sehr lange, um meine Inhalte herauszuarbeiten.
Im Umgang mit einem emotionalen Inhalt, in der Reibung einer Empfindung, in der Formung eines Zeichens, spiegelt sich eine gewisse Reibung mit der Gesellschaft, die ich empfinde. Denn ich frage mich selbst des Öfteren, ob ich tatsächlich Teil dieser Gesellschaft bin? Dieser Gesellschaft, die sich darauf einigt, mit bestimmten Dingen auf eine bestimmte Art umzugehen, auf eine bestimmte Art zu lesen. Wie kann ich diese Vorgänge verstehen lernen und einen Umgang mit ihnen entwickeln? Früher war ich manchmal irritiert, weil manche Leute fanden, dass ich Dinge zu konkret umsetzte. Warum ist das so? Welcher Stil, Geschmack, Ästhetik wird da erwartet? Was für eine Form der Konzeptualität ist da gefragt? Ich spreche hier von einer Vorstellung des zu konkreten gegenüber meiner reduziert oder abstrakt wahrgenommen Arbeit. Ich wusste und weiß, dass da Inhalte lauern, die oft pathetisch zum Vorschein kamen, da, wenn ich sie aus den Händen gebe oder in einem Tonfragment suche, nicht immer “meine Verfremdung” vorhanden ist. Diese Arbeit hört allerdings nie auf. Darin bin ich immer zwei: der, der aus sich heraus formen und mit Lesbarkeit spielen kann, und der, der das Außen, die Umwelt verstehen und verarbeitet in die Stücke mit einbeziehen möchte.
Im Lauf meiner Arbeit werden mir bestimmte Inhalte immer bewusster, Themen wie Zweisamkeit kommen immer wieder und sind wichtig. Ich mache zwar kein “großes politisches” Theater, aber es geht mir immer um das Dasein, um den Anderen, um die Anderen, um den Blick in die Welt. Da geht es dann auch um die Frage, ob man der ist, der man zu sein glaubt, bzw. der Körper ist, der eben doch mehrere Körper in sich trägt.”
Philipp Gehmacher in: corpus. internet magazin für tanz, choreografie, performance, 11. November 2011.
[Quelle: Abendzettel]
Cast & Credits
Concept / Choreography / Dance / Text: Philipp Gehmacher, Rémy Héritier, An Kaler
Installation: Vladimir Miller
Assistance installation: Stephanie Rauch
Light design: Jan Maertens
Sound: Andreas Hamza
Costume: Stéphanie Zani
Technical management: Karin Haas
Production: Stephanie Leonhardt
Production assistant: Johanetta Warsberg
Internship: Reinhard Strobl
Production: Mumbling Fish
Coproduction: steirischer herbst (Graz), PACT Zollverein (Essen), Kunstenfestivaldesart (Brussels), Alkantara Festival (Lisbon), NXTSTP – Cultural Program of the European Union
Philipp Gehmacher / Mumbling Fish is supported by the Cultural Department of the City of Vienna and bm: ukk. Thanks to INTPA – International Network for Dance and Performance Austria of the Tanzquartier Wien from funds of the BMUKK and BMeiA.
HAU Hebbel am Ufer (HAU2)
Hallesches Ufer 32
10963 Berlin
Tickets: +49 (0)30 259 004 27
tickets@hebbel-am-ufer.de
Video Documentation
The video documentation is produced on behalf of the Senate Department for Culture and Social Cohesion. The purpose of this contract is to document productions in the field of contemporary dance in Berlin. The master recordings are archived by the University Library of the Berlin University of Arts. Copies of the recordings on DVD are available for viewing exclusively in the reference collections of the following archives (at media desks in these institutions):
University Library of the Berlin University of Arts
Mediathek für Tanz und Theater des Internationalen Theaterinstituts / Mime Centrum Berlin
Inter-University Centre for Dance Berlin (HZT)