Texte zur Produktion
In „Give Me A Reason To Live“ befasst sich Claire Cunningham mit den Werken des mittelalterlichen Malers Hieronymus Bosch um religiöse, moralische und politische Überzeugungen zu erforschen. Anhand der Darstellungen von Versehrten als Bettler*innen in Boschs apokalyptischen Gemälden, hinterfragt die Choreografin unsere gegenwärtige Wahrnehmung vom ‚Anderen‘ und dem ‚Anders sein‘. In ihrem von Physikalität geprägten Solo, trifft Claire Cunninghams markante Ästhetik auf die hypnotisierenden Klänge der Soundkünstlerin Zoë Irvine. Diese Arbeit von großzügiger und jedoch brutaler Unmittelbarkeit fordert uns auf, unsere eigene Empathie, Sympathie oder Indifferenz zu hinterfragen. Die Choreografin ist überzeugt, dass sich eine Gesellschaft in einem Klima der Furcht gegen diejenigen wendet, die als am schwächsten wahrgenommen werden – wie bereits zu Boschs Zeiten –, und dass dieses Verhalten nicht nur wieder sichtbar wird, sondern sich zyklisch wiederholt. Claire Cunningham ist als Choreografin und Performerin immer auch Aktivistin: Ihr Solo widmet die Schottin den Opfern der nationalsozialistischen Euthanasieprogramme ebenso wie den aktuell Betroffenen, die den Sozialhilfekürzungen und diskriminierenden Effekten der britischen Sozialreformen ausgesetzt sind.
Claire Cunningham ist Performerin und Autorin multidisziplinärer Performances. Sie lebt in Glasgow, Schottland und zählt zu den international bekanntesten behinderten Künstler*innen. Ihre Arbeiten gehen häufig vom Gebzw. Missbrauch ihrer Krücken sowie den Potenzialen ihrer eigenen, spezifischen Körperlichkeit aus, wobei sie traditionelle Tanztechniken und jeden Versuch, sich auf eine Art zu bewegen, die nicht die eigene ist, bewusst ablehnt. Cunningham, die sich selbst als behinderte Künstlerin bezeichnet, verbindet in ihren Arbeiten eine Vielzahl von Kunstformen. Sie reichen vom intimen Solostück „ME (Mobile/Evolution)“ (2009) bis hin zum großen, für die Candoco Dance Company entwickelten Ensemblestück „12“. 2014 entstanden ihr Solo „Give Me a Reason To Live“, das vom Bild des Bettlers/Krüppels im Werk von Hieronymus Bosch inspiriert ist, sowie die abendfüllende Produktion „Guide Gods“, die das Thema Behinderung in den großen Glaubenstraditionen untersucht. 2016 ist sie Artist in Residence des Perth International Arts Festival in Australien und Associate Artist bei Tramway, Glasgow. Jüngst wurde sie von Unlimited mit der Produktion eines neuen Duetts mit dem Choreografen Jess Curtis beauftragt – „The Way You Look (at me) Tonight“ wird am 2.11.16 in den Uferstudios Berlin Deutschlandpremiere feiern.
Besetzung & Credits
Choreografie, Performance: Claire Cunningham
Lichtdesign: Karsten Tinapp
Technische Produktionsleitung: Gregor Knüppel
Sounddesign: Zoe Irvine
Cello: Matthias Herrmann
Zusätzliche Musik: Nesciens Mater: Jean Mouton, Den Tod: JS Bach
Kostüm: Shanti Freed
Mentoren: Kristin De Groot (Bosch Project), Janice Parker (Schottland)
Produktion: Nadja Dias
Mit der Unterstützung der Bosch 500 Foundation, Dance Umbrella, Comune di Bassano del Grappa, La Briqueterie, D.ID Dance Identity, Festival CEMENT (NL), Dansateliers Rotterdam, The Work Room (Glasgow), Dance House (Glasgow) und von der National Lottery through Creative Scotland.
Tanz im August 2016
Künstlerische Leitung: Virve Sutinen
Produktionsleitung: Sven Neumann
Produktion: Isa Köhler, Andreas Skjönberg, Andrea Niederbuchner
Assistenz der Künstlerischen Leitung / Produktion: Marie Schmieder
Tanz im August ist eine Veranstaltung des HAU Hebbel am Ufer, gefördert aus Mitteln des Hauptstadtkulturfonds und durch den Regierenden Bürgermeister von Berlin – Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten.
HAU Hebbel am Ufer (HAU2)
Hallesches Ufer 32
10963 Berlin
Tickets: +49 (0)30 259 004 27
tickets@hebbel-am-ufer.de
Videodokumentation
Die Videodokumentation wird im Auftrag der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt hergestellt. Im Rahmen dieses Auftrags werden Produktionen im Bereich des zeitgenössischen Tanzes in Berlin dokumentiert. Die Masteraufnahmen werden von der Universitätsbibliothek der Universität der Künste Berlin archiviert. Kopien der Dokumentationen auf DVD werden folgenden Archiven zur Verfügung gestellt und sind ausschließlich im Präsenzbestand (an den Medienplätzen vor Ort) zur Sichtung zugänglich:
Universitätsbibliothek der Universität der Künste Berlin
Mediathek für Tanz und Theater des Internationalen Theaterinstituts / Mime Centrum Berlin
Hochschulübergreifendes Zentrum Tanz Berlin