Texte zur Produktion
Schon immer haben wir versucht, unsere Körper durch Technologien zu verbessern und Defizite auszugleichen: Herzschrittmacher und Hörgeräte, Chips und Smartphones – von Science Fiction-Szenarien kann hier schon lange keine Rede mehr sein. Im Körper eines Cyborgs schließlich verschwimmen die Grenzen zwischen Körper und Technik: Biologisches und technologisches Material vermischen sich. Auch der Tanz versucht das Experiment mit Körpertechniken und lässt die Grenzen zwischen Natürlichkeit und Technologie verschmelzen. This Thing I Am ist eine Suche nach dem, was wir gewesen sein werden könnten.
THIS THING I AM ist eine Art Do-It-Yourself Science-Fiction, konzipiert für ein kleines Kollektiv von drei Tänzer_innen, die sich als Cyborgs irgendwann im Irgendwo befinden. Das Tanzstück hat in etwa die Form eines choreografierten Hörspiels in Englisch. Das Thematische lässt sich anhand der folgenden vier Zitate assoziieren:
„Ein beunruhigendes Moment jeder Rede von Optimierung und Verbesserung ist die Narration einer quasi-evolutionären Teleologie der Unvermeidbarkeit der technischen Überarbeitung des Körpers. Die Unvermeidbarkeit einer immer weitergehenden Verschränkung von Organischem und Technischem ist eine veritable TINA-Hypothese: ‚There is no alternative‘ zur Selbstverbesserung. Das Szenario kann nanotechnisch, bionisch, phramazeutisch, robotisch ausgestaltet sein, die Grundannahme bleibt die gleiche: Der Mensch ist wahlweise dazu eingeladen, befreit, verdammt, mittels Technologien die Evolution fortzusetzen oder zu variieren.“ Karin Harrasser: Körper 2.0. Über die technische Erweiterbarkeit des Menschen
„Und die Keramikaner?“ „Ah, there’s the rub, nicht wahr? Was die alles können, weiß keine und keiner. Nicht mal ich – ich war seither nicht mehr auf der Erde und nur ein Fingerhütchen Zeit in der Zukunft von Mars und Venus, wo sie nicht…“ „Aus Selbstbeschränkung? Hast du dir das auferlegt, oder sind die, ähm, Buchsen der Zukunft ab irgendeinem Zeitpunkt so wenig für deine Stecker geeignet, die Schlösser so unpassend für deine Schlüssel, die Ösen für deine Haken, wie die der Vergangenheit für mich?“ „Warum findest du das nicht selbst heraus? Ob ich absichtlich nicht ins übernächste Millenium getaucht bin oder ob es nicht geht? Du wirst da ja vermutlich noch around sein, in der, hm, einen oder anderen Form.“ […] „Zu den Keramikanern noch mal…“ „Wir haben sie nie hinreichend präzise abhören können – nicht mal Livienda und ich, damals im Urwald, […]. Aber der Witz war: Die Kommunikation der Keramikaner lief – und, wenn es sie noch gibt, läuft – nicht einfach jenseits der natürlichen Sinnesorgane ab, nicht einfach jenseits von dem, was Menschen und Gente sehen, hören oder riechen, sondern jenseits dessen, was sie denken können. Da wird’s eng: Das Organ, das versagte, war nicht das Ohr oder das Auge, sondern das Hirn. […]“ Dietmar Dath: Die Abschaffung der Arten
Homo sapiens is originally a technical being. Tekhné (in the sense of ability, art, technique) originally fulfils phusis: the anthropological is originally techno-logical. The prosthesis is the non-substantial substance of man. […] In that perspective we would claim that, anthropologically speaking, dance originally served as an opening of the properties of the body, or rather as an experimentation of the techniques of the body, that is to say, the demonstration of the body as the tekhné par excellence, the techno-logical becoming of the body. That meant that dance, and performances as well, provide an open space for body experimentation, for experimenting with its techniques […].. Boyan Manchev: Transformance: the body of event
Now she swayed and came slowly down the steps, moving with a suppleness just a little better than human. The swaying strengthened. By the time she reached the stage floor she was dancing. But it was no dance that any human creature could ever have performed. The long, slow, languorous rhythms of her body would have been impossible to a figure hinged at its joints as human figures hinge. Catherine L. Moore: No Woman Born
Besetzung & Credits
Künstlerische Leitung: Martin Nachbar
Tanz & Choreografie: Lisa Densem, Sunniva Vikør Egenes, Benjamin Pohlig
Kostüme: Marion Montel
Licht: Bruno Pocheron
Bühne: Marion Montel, Martin Nachbar, Jeroen Peeters
Produktionsmanagement: Susanne Beyer
Musik: The Necks, Francisco Lopez, Johann Baptist Strauss, Hildegard Westerkamp, Gustav Holst
Eine Produktion von Martin Nachbar in Koproduktion mit SOPHIENSÆLE. Gefördert aus Mitteln des Regierenden Bürgermeisters von Berlin – Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten. In Kooperation mit Milchhof, Uferstudios Berlin und Höllen-Sprudel.
Sophiensæle
Videodokumentation
Die Videodokumentation wird im Auftrag der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt hergestellt. Im Rahmen dieses Auftrags werden Produktionen im Bereich des zeitgenössischen Tanzes in Berlin dokumentiert. Die Masteraufnahmen werden von der Universitätsbibliothek der Universität der Künste Berlin archiviert. Kopien der Dokumentationen auf DVD werden folgenden Archiven zur Verfügung gestellt und sind ausschließlich im Präsenzbestand (an den Medienplätzen vor Ort) zur Sichtung zugänglich:
Universitätsbibliothek der Universität der Künste Berlin
Mediathek für Tanz und Theater des Internationalen Theaterinstituts / Mime Centrum Berlin
Hochschulübergreifendes Zentrum Tanz Berlin