Texte zur Produktion
WOYZECK ÜBERSCHREIBEN ist der 3. Teil einer Recherche, die sich mit den Möglichkeiten auseinandersetzt, historisches Inszenierungsmaterial zu erinnern, fortzuschreiben und zu übermalen, um gerade dadurch den Raum für eine aktuelle Auseinandersetzung zu öffnen.
Georg Büchners „Woyzeck“ scheint sich für diese Recherche perfekt zu eignen: ein Text, der aufgrund seines fragmentarischen Charakters dazu einlädt, Bruchstellen zu beleuchten, alternative Zugriffe auszuprobieren und ihn damit gerade nicht als ’soziales Rührstück‘ zu lesen.
Vier TänzerInnen setzen sich mit den Bewegungen und Sprechweisen von SchauspielerInnen in ihren Verkörperungen des „Woyzeck“-Personals unterschiedlicher früherer Inszenierungen auseinander und entwickeln daraus eine Choreografie. Als was können die historischen Gesten eines Schauspielers nun lesbar werden, wenn ein Tänzer sie rekonstruiert, re-enactet, nachschreibt in dem Bewusstsein, dass es sich um das Material Abwesender handelt? Welche Körper, welche Präsenzen, welche Zeitlichkeiten bringt diese Konfrontation hervor?
Im selben Zuge soll danach gefragt werden, wie sich die Performer in die verschiedenen fiktionalen Bewegungssprachen hineinbegeben und sich parallel dazu als zeitgenössische Subjekte behaupten können.
Entlang vorhandener bekannter Inszenierungen sollen theatrale Konventionen und Sehgewohnheiten befragt werden. Vielleicht kann dem Büchner-Text dadurch etwas zurückgeben werden, das immer wieder unberücksichtigt blieb.
Zusammen mit seinem Team begibt sich Regisseur Sebastian Blasius auf die Reise zu den Bruchzonen des Woyzeck-Materials und versucht eine neue Perspektive auf den ‚vielfach vom Theater geschundenen Text‘ (Heiner Müller) zu formulieren.
Sebastian Blasius *1979 in Krefeld, Studium der Angewandten Theaterwissenschaft in Gießen u.a. bei deufert + plischke, Laurent Chétouane, Mathilde Monnier. Arbeit als Regisseur, Choreograf und Theaterwissenschaftler, zuvor auch als bildender Künstler und Cellist. Verschiedene Publikationen u.a. zu Samuel Beckett und zum Theorem der Präsenz. Seine derzeitige künstlerische Recherche fokussiert, wie sich unter verschiedenen Fragestellungen vorhandene (Schauspiel-)Inszenierungen mit Tänzern rekonstruieren lassen und wie im selben Zug eine Reihe von theatralen Konventionen und Sehgewohnheiten befragt werden können.
[Quelle: www.theaterdiscounter.de]
Besetzung & Credits
Regie / Choreografie: Sebastian Blasius
Dramaturgie: Daniel Franz
Bühne, Kostüm: Cristina Nyffeler
Licht: Andreas Mihan
Sound: Rupert Jaud
Assistenz: nützlich + schön
Sprechtraining: Vivian Lüdorf
Eine Koproduktion von i-camp/neues Theater München, Theaterdiscounter Berlin, Orangerie-Theater Köln
Gefördert durch Hauptstadtkulturfonds, Landeshauptstadt München.
WOYZECK ÜBERSCHREIBEN dankt: Francesca Spinazzi, Björn SC Deigner,
artconnectberlin, Frédéric Gies und Samuel Eschmann
Theaterdiscounter
Videodokumentation
Die Videodokumentation wird im Auftrag der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt hergestellt. Im Rahmen dieses Auftrags werden Produktionen im Bereich des zeitgenössischen Tanzes in Berlin dokumentiert. Die Masteraufnahmen werden von der Universitätsbibliothek der Universität der Künste Berlin archiviert. Kopien der Dokumentationen auf DVD werden folgenden Archiven zur Verfügung gestellt und sind ausschließlich im Präsenzbestand (an den Medienplätzen vor Ort) zur Sichtung zugänglich:
Universitätsbibliothek der Universität der Künste Berlin
Mediathek für Tanz und Theater des Internationalen Theaterinstituts / Mime Centrum Berlin
Hochschulübergreifendes Zentrum Tanz Berlin