Texte zur Produktion
Gegenwart heißt heute Krise. Das Chaos scheint nicht mehr nur Ausnahmezustand zu sein, sondern ein gleichermaßen bedrohliches wie unvermeidliches ‚Modell‘ für die Zukunft. Chaos macht Angst. Der Vorstellung einer ausschließlichen Bedrohung gegenüberstehend, ist das Khaos in der griechischen Antike eine ambivalentere Figur. Es versammelt unterschiedlichste Bedeutungsebenen: Gähnen, Kluft, Schlund, Abgrund. Aber es benennt auch den Horizont von Ausdehnung, Unermesslichkeit, Aufbrechen oder Öffnung. Als formlose Form und Streben in Richtung eines Anderen als es schon ist, ruft Khaos die Dimensionen des Entstehens, des Möglichen, der Erneuerung auf.
In „KHAOS“ versammelt Laurent Chétouane vier Tänzer*innen und drei Musiker*innen zur Erkundung der Möglichkeiten des Khaos am Rande des Chaos. Auf der Bühne erklingt Musik von Johann Sebastian Bach, Wolfgang Rihm und John Cage, die eine Affinität zum Unkontrollierbaren aufweist. Die Turbulenzzonen in und zwischen den Musikstücken sind Ausgangspunkt der Entstehung instabiler, bedrohlicher, zerstörerischer Räume, denen Performer*innen und Zuschauer*innen gleichermaßen ausgesetzt sind. Die traditionelle vertikale Achse des Tanzes verliert ihre visuell-ordnende Kraft und Halt bietet in diesen Räumen, ohne feste Vektoren und Koordinaten, nur noch der Boden. Der Möglichkeit des Sturzes, des Verlusts, der Angst und der Trauer ausgesetzt, wird der Tanz zu einem selbstständigen Tun und Werden, einem Zustand ohne Ziel oder planbare Zeitachse. Es entsteht dabei ein Körper, der neue Verhältnisse zum Anderen, zum Raum, zu sich selbst entdecken muss, um den blinden und disparaten Kräften, einer kontingenten Offenheit nicht ganz zum Opfer zu fallen. Die Gefahr einer Auflösung von Ordnung der einen Welt durch das Chaos wird in „KHAOS“ als Spielraum der Schaffung multipler Welten erprobt.
[Quelle: Abendzettel]
Besetzung & Credits
Tanz: Kotomi Nishiwaki, Tilman O’Donnell, Mikael Marklund
Musik: Mathias Halvorsen (Klavier), Tilman Kanitz (Violoncello), Artiom Schischkow (Violine)
Choreografie: Laurent Chétouane mit den Tänzern
Musikalisches Konzept: Laurent Chétouane mit den Musikern und Johann Günther
Licht: Jan Maertens
Kostüm: Lydia Sonderegger
Ton: Johann Günther
Dramaturgie: Marten Weise
Assistentin Choreographie: Sarah Blumenfeld
Assistenz Kostüm: Anna Philippa Müller
Produktion: Christine Kammer, Hendrik Unger
Wir danken Jean-Luc Nancy und Jean-François Peyret für ihre dramaturgische Unterstützung und ihren Rat.
Eine Produktion der KHAOS GbR in Koproduktion mit dem Onassis Kulturzentrum Athen, HAU Hebbel am Ufer Berlin, dem Kaaitheater Brüssel und Kampnagel Hamburg.
Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes und die Basisförderung Berlin / Der Regierende Bürgermeister Berlin – Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten.
Mit Unterstützung von DOCK 11 / Eden *****, Berlin.
HAU Hebbel am Ufer (HAU2)
Hallesches Ufer 32
10963 Berlin
Tickets: +49 (0)30 259 004 27
tickets@hebbel-am-ufer.de
Videodokumentation
Die Videodokumentation wird im Auftrag der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt hergestellt. Im Rahmen dieses Auftrags werden Produktionen im Bereich des zeitgenössischen Tanzes in Berlin dokumentiert. Die Masteraufnahmen werden von der Universitätsbibliothek der Universität der Künste Berlin archiviert. Kopien der Dokumentationen auf DVD werden folgenden Archiven zur Verfügung gestellt und sind ausschließlich im Präsenzbestand (an den Medienplätzen vor Ort) zur Sichtung zugänglich:
Universitätsbibliothek der Universität der Künste Berlin
Mediathek für Tanz und Theater des Internationalen Theaterinstituts / Mime Centrum Berlin
Hochschulübergreifendes Zentrum Tanz Berlin
Laurent Chétouane / Trailer und Videodokumentationen
- Laurent Chétouane: Interview / Portrait Laurent Chétouane (2011)
- Laurent Chétouane: Op. 131 : End/Dance (2019)
- Laurent Chétouane: Invisible Piece #2: As if there were no end (2018)
- Laurent Chétouane: Invisible Piece #1: Duett für hörende Körper (2018)
- Laurent Chétouane: Out of Joint / Partita 1 (2017)
- Laurent Chétouane: SOLI (2016)
- Laurent Chétouane: Considering (2015)
- Laurent Chétouane: BACH / PASSION / JOHANNES (2014)
- Laurent Chétouane: Sacré Sacre du Printemps (2012)
- Laurent Chétouane: Hommage an das Zaudern (2012)
- Laurent Chétouane: horizon(s) (2011)
- Laurent Chétouane: Tanzstück #4: leben wollen (zusammen) (2010)